Da mir mit diesem Blog gesunde Ernährung ein Hauptanliegen ist, möchte ich ein Thema ansprechen, das für mich ein Schlüssel zur Lösung von Gewichts- und Verdauungsproblemen ist und wodurch naturbelassene Nahrung ihr heilendes Potential besser entfalten kann: achtsames Essen.
Das Konzept der Achtsamkeit stammt ursprünglich aus der buddhistischen Lehre und wir alle können in unserem Essverhalten achtsamer werden. Ich selbst habe die achtsame Lebensweise im Vipassana Schweige-Kloster in Thailand kennengelernt. Sie hatte eine enorme Wirkung auf mich. Bei diesem 10-tägigen Schweige-Retreat gab es nur 2 Mahlzeiten am Tag, eine um 8:00 Uhr und eine um 12:30 Uhr, und jeder Teilnehmer sollte vor jedem Essen gemeinsam mit den anderen ein Gebet sprechen und danach in Stille langsam und bewusst das Essen zu sich nehmen.
Auf diese Weise zu essen hat sich sofort sehr gut angefühlt. Jeden Bissen meines sehr einfachen Essens – es waren fast jedes mal Bananen mit einem Berg asiatischer grüner Pflanzen – habe ich einzeln geschmeckt und genossen. Die positive Wirkung davon war, dass ich anfing meinen Körper besser zu verstehen und dass ich Geschmack, Aroma und Aussehen meines Essens intensiver wahrnahm. Zudem wurde ich mit weniger Nahrung satt als üblich, meine Verdauung arbeitete perfekt und mein Bauch war superflach. Außerdem habe ich die letzten störenden Kilos wie von selbst verloren.
Achtsames Essen hat weder mit Kalorienzählen noch mit Esoterik zu tun, es geht um das HIER UND JETZT des Essens.
Aus Sicht der Achtsamkeit liegt das Problem nicht darin, wie viele Kohlenhydrate und Fette wir zu uns nehmen, sondern darin, dass wir regelmäßig
- mehr als nötig
- aus Langeweile
- aus Stress oder anderen Emotionen oder
- zu schnell essen.
All diese Verhaltensmuster entstehen durch Unachtsamkeit, denn wir sind während des Essens nicht wirklich bei der Sache. Und das ist leider sehr oft der Fall. Ob am Smartphone, Fernseher, beim Autofahren, Lesen oder über die stressige Situation nachdenkend, wir essen unbewusst, kauen nicht gründlich und nehmen ganz unbemerkt beträchtliche und überflüssige Mengen an Kalorien zu uns.
Durch Achtsamkeit kannst Du lernen deinen Geist wieder ganz auf den gegenwärtigen Prozess zu richten – Deine Mahlzeit. Der Vorteil dabei ist, dass Du weniger Nahrung brauchst und es vermeidest, ungesunde Nahrungsmittel zu konsumieren. Dadurch wird auch Deine Verdauung optimal.
Wie achtsames Essen genau funktioniert, erfährst Du im Buch Achtsam essen – achtsam leben: der buddhistische Weg zum gesunden Gewicht* von Thich Nhat Hanh.
Bessere Verdauung durch Achtsamkeit
Achtsam zu essen ist eine einfache Möglichkeit im hektischen Alltag innezuhalten, langsamer zu werden und in Dich hineinzuhorchen. So bist Du ganz in der Gegenwart und wirst Dir bewusst, was Du tust und wie Du es tust. Du kommst für einen Moment aus dem Hamsterrad heraus. Deine Nerven können sich beruhigen. Dadurch entspannst Du Dich und Dein gesamtes Verdauungssystem, das im Stress angespannt ist und verkrampft.
Durch das gründliche Kauen und das bessere Einspeicheln der Nahrung können die Mahlzeiten besser verdaut werden. Aber gründliches Kauen der Nahrung ist nur bei langsamem Essen möglich. Dabei wird der Speichelfluss angeregt, der die Abgabe von Verdauungssäften aktiviert. Je besser die Nahrung im Mund zerkleinert und mit Speichel eingearbeitet wird, desto leichter wird es für den Rest des Verdauungssystems die weitergeleitete Nahrung optimal und ohne Rückstände zu nutzen.
Besondere Bedeutung hat der erste Bissen: er sollte bewusst und so lange gekaut werden, bis er sich im Mund auflöst, weil er alle Mechanismen der Verdauung in Gang setzt. Denn der Verdauungsprozess beginnt bereits im Mund.
Isst Du schnell, ohne gründlich zu kauen, können die chemischen Prozesse nicht vollständig ablaufen. Die nachfolgenden Abschnitte des Verdauungstraktes sind für diese Zerlegungsvorgänge nicht bestimmt, sondern für die nächsten Stufen der Verdauung.
Wer lernen will, achtsam zu essen, kann es in 4 einfachen Schritten trainieren.
- Um beim Essen nicht wieder von den Problemen und Sorgen, die dich im Alltag beschäftigen, abgelenkt zu werden, lege Handy, Fernbedienung und Zeitung beiseite. Stelle Dir stattdessen folgende Fragen:
- Warum esse ich?
- Wie und wo spüre ich Hunger?
- Was tut mir gut beim Essen, was nährt mich?
- Wie sieht mein Essen aus, welche Konsistenz hat es und wie schmeckt es?
- Woher kommen die Lebensmittel, was enthalten sie?
- Wie merke ich, dass ich satt bin?
- Wo bin ich mit meinen Gedanken und Gefühlen, wenn ich esse?
- Iss langsam und achtsam. Sei mit den Gedanken nicht in der Vergangenheit oder Zukunft, sei ganz beim Essen, beim Kauen und beim Schmecken.
2. Lege nach jedem Bissen Dein Besteck zur Seite, bis das Essen auf dem Weg Richtung Magen ist. Diese Technik soll Dir helfen, die Nahrungsaufnahme zu entschleunigen. Je mehr und besser Du kaust, desto weniger Arbeit haben dein Magen und die anderen Verdauungsorgane.
3. Kaufe hochwertige Produkte ein. Hochwertiges Bio-Gemüse isst man bewusster und genussvoller. Achtsamkeit fängt bei der Auswahl der Lebensmittel an und geht mit der bewussten Entscheidung darüber, was man isst, weiter.
4. Wenn Du wirklich den vollen Nutzen aus der Nahrung erzielen möchtest, lass Dich auf den Prozess der Nahrungsaufnahme bewusst ein. Essen ist ein Energieträger – nicht nur wegen den Nährstoffen und Kalorien darin, sondern auch weil Du das Essen mit Energie aufladen und es dann aufnehmen kannst. Nimm Dir die Zeit, Dich mit Segen, Dankbarkeit, Affirmationen oder einer Pause der Stille auf die Mahlzeit einzustimmen. So verbindest Du Dich geistig mit Deiner Nahrung. Das Segnen hat die Funktion, die Nahrung auf Dich vorzubereiten, denn ihre Schwingungen entsprechen nicht immer denen Deines Körpers. Du musst ihr darum die Energie Deines Wesens geben, damit sie Dir das volle Potential öffnen kann. Achte dabei stets darauf, dass Du in einer Haltung der Liebe und Dankbarkeit bist und fühlst, was Du sagst. Wie machst Du das?
Du kannst einfach vor dem Essen innehalten und 5-10 mal lange tief ein- und ausatmen (auf 5 ein, auf 5 aus) und in Dich hineinhören. So entspannt sich Dein Körper, Du wirst ruhiger und Deine Zellen bekommen Sauerstoff.
In zahlreichen veganen, rohen und Bio-Restaurants in Asien halten viele Yogis und spirituelle Menschen sowie Buddhisten die Hände über ihr Essen und lesen in Gedanken Mantren oder positive Affirmationen, um das Essen zu segnen.
Wie viel Essen brauchen wir wirklich?
Menschen, die wie ich zum gelegentlichen Überessen neigen, dürfen gerne einmal darüber nachdenken, ob weniger nicht manchmal mehr wäre und ob das, was wir essen möchten, auch wirklich das ist, was wir brauchen. Das ist nicht einfach, ich weiß, doch das ist es nur am Anfang.
- Noch bevor Du zu essen beginnst, stelle Dir folgende Frage: „Würde ich mich vielleicht wohler fühlen, wenn ich weniger essen würde?“
- Immer mitten in einem Fressanfall, beobachte Dich selbst. Vielleicht ist es ein innerer Mangel, den Du durch Nahrung füllen willst? Fühlst Du Dich gestresst, einsam, frustriert oder gelangweilt? Du musst dabei nichts verändern. Nimm nur achtsam wahr, was im Augenblick vor sich geht.
- Um wahrnehmen zu können, wie viel Du wirklich brauchst, iss langsam und lege kleine Pausen ein.
Achtsames Essen unterstützt Dich, auf Deinen eigenen Körper und seine Signale zu hören und das natürliche Gefühl von Hunger und Sättigung wiederzuerlangen. Du lernst Deinem Körper zu vertrauen und nicht der Wissenschaft, der Werbung oder den Experten. So kannst Du mit der Zeit selbst zum Experten für Deine Ernährung werden und die Verantwortung für Dich übernehmen.
Es kommt vor, dass ich emotional aufgedreht bin und wieder anfange schnell zu essen und dabei an Probleme, Pläne oder Ärgernisse aus der Vergangenheit denke. Dank den Achtsamkeitsübungen fällt es mir glücklicherweise meist schnell auf. Dann kehre ich zu meinem achtsamen Umgang mit dem Essen zurück.
P.S.
Wenn Du das Thema interessant fandest und es vertiefen möchtest, kann ich Dir das Buch Achtsam essen – achtsam leben: der buddhistische Weg zum gesunden Gewicht von Thich Nhat Hanh wärmstens empfehlen.
Hat Dir der Artikel gefallen? Teile ihn mit Deinen Freunden! Wenn Du Interesse an mehr Artikel über Achtsamkeit und bewusstes Leben hast, hinterlasse einen Kommentar!
Victoria
Quellen:
- Thich Nhat Hanh: Achtsam essen – achtsam leben: Der buddhistische Weg zum gesunden Gewicht
- Meine Erfahrungen im Kloster Wat San Mokkh in Thailand
Pingback: Ernährungsumstellung: Optimale Verdauung durch die richtige Reihenfolge beim Essen