Vom 1. bis 12. Februar 2017 war ich zum 3. Mal im Schweigekloster und habe wieder 10 Tage Vipassana absolviert. Die letzten 2 Male war ich in Südthailand im Wat Suan Mokh. Die erste Vipassana hat mein Leben komplett verändert und sich auf das ganze Jahr stark ausgewirkt, doch das zweite Mal war sehr anstrengend, so dass ich mich entschieden hatte, erstmal kein weiteres Vipassana zu machen.
Dann standen 2016 große Entscheidungen bevor und mein damaliger Coach hat mir ein anderes Vipassana-Retreat empfohlen, wo er selbst schon seit 30 Jahren hingeht. Dieser Kurs wurde von G.N. Goenka aufgebaut und hat sehr viele Retreats weltweit. Mehr darüber erfährst Du hier.
Ich musste mich schon 3 Monate vorher anmelden, da die Plätze blitzschnell weggehen. Und ich war froh, dass ich es getan habe. Das Jahr war sehr entscheidungs- und ereignisreich und das alles hat mich sehr mitgenommen. Dazu habe ich aufgehört, regelmäßig zu meditieren. Als Folge fühlte ich mich am Ende des Jahres ausgebrannt, hatte keine kreative Energie und keine Ideen mehr, ich fühlte mich wie ein Opfer und habe nur noch rumgepöbelt. Das war ziemlich unsexy. Doch das Vipassana-Retreat hat mich wieder zum glücklichen, harmonischen Leben geführt.
Was ist Vipassana überhaupt?
Vipassana bedeutet die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Es ist eine der ältesten Meditationsformen Indiens. Sie wurde vor über 2500 Jahren als ein universelles Heilmittel zur Befreiung vom Leiden als eine Kunst des glücklichen Lebens gelehrt.
Jeder von uns sucht Frieden und Harmonie. Im modernen konsumgesteuerten Leben fehlt es meist an beidem. Jeder ist oft unruhig, irritiert, gestresst, energielos. Und wer sich in so einer negativen Phase befindet, behält diese Stimmung nicht nur für sich, sondern verbreitet sie in der ganzen Umgebung. Das ist sicherlich nicht die beste Art zu leben.
Die Frage ist, wie man harmonisch leben und Frieden in seinem Umfeld aufrechterhalten kann. Um die Unruhe zu überwinden, muss man den Ursprung der Unruhe, die Ursache der Unzufriedenheit kennen. Unruhe entsteht immer dann, wenn Negativität den Geist bestimmt, wenn wir zu viel in Vergangenheit und Zukunft statt hier und jetzt leben und immer reagieren, statt alles so zu nehmen, wie es ist. Vipassana lehrt, wie Du mit Negativität umgehst und Frieden und Harmonie in Dir findest.
Auf der Webseite von Vipassana steht Folgendes:
„Was Vipassana nicht ist:
- Es ist kein Ritus oder Ritual, das auf blindem Glauben beruht.
- Es ist keine intellektuelle Beschäftigung oder philosophische Erbauung.
- Es ist keine Erholungskur, kein Urlaub, keine Gelegenheit zu Geselligkeit.
- Es ist keine Flucht vor den Prüfungen und Schwierigkeiten des täglichen Lebens.
Was Vipassana ist:
- Es ist eine Technik, die das Leiden von der Wurzel her auflöst.
- Es ist eine Methode der geistigen Läuterung, die es einem ermöglicht, allen Spannungen und Problemen des Lebens ruhig und ausgeglichen zu begegnen.
- Es ist eine Kunst der Lebensführung, die einem hilft, konstruktive Beiträge zur Gesellschaft zu leisten.“
Alle Teilnehmer eines Vipassana-Kurses müssen für die Dauer des Kurses die folgenden fünf Regeln beachten:
- kein lebendes Wesen töten
- nicht stehlen
- sich jeglicher sexuellen Aktivitäten enthalten
- nicht lügen
- keine Rauschmittel (einschl. Tabak und Alkohol) zu sich nehmen
TAGESABLAUF
Um bestmögliche Resultate bei der Meditationspraxis zu erzielen, wird den Schülern empfohlen, diesen Zeitplan einzuhalten:
04:00 Gong – Aufstehen
04:30 – 06:30 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer
06:30 – 08:00 Frühstück
08:00 – 09:00 GRUPPENMEDITATION IN DER HALLE
09:00 – 11:00 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer entsprechend den Anweisungen
11:00 – 12:00 Mittagessen
12:00 – 13:00 Ruhepause und Gelegenheit zum Interview mit dem Lehrer
13:00 – 14:30 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer
14:30 – 15:30 GRUPPENMEDITATION IN DER HALLE
15:30 – 17:00 Meditation in der Halle oder im eigenen Zimmer entsprechend den Anweisungen
17:00 – 18:00 Teepause
18:00 – 19:00 GRUPPENMEDITATION IN DER HALLE
19:00 – 20:15 Vortragspräsentation von G.N. Goenka in der Halle
20:15 – 21:00 GRUPPENMEDITATION IN DER HALLE
21:00 Nachtruhe
Wie habe ich einen passenden Standort gefunden?
Ich wusste, dass ich von Januar bis März in Asien sein würde und dass für mich als Waage Ästhetik eine große Rolle spielt, da hat es sich angeboten, ein Kloster in Thailand weit weg von Bangkok mitten in den Bergen zu wählen. Dafür musste ich 6 Stunden mit dem Bus fahren, aber das hat sich gelohnt! Die kleine Cottage und die Anlage mit wunderschönen Aussichten, Brücken und Treppen weit weg von der Zivilisation haben meiner Meditationspraxis sehr imponiert und mein Bedürfnis nach Ästhetik gestillt. Die Zentren gibt es überall auf der Welt. Auch in Europa gibt es sie.
Die Praxis
Die ersten 3 Tage waren unglaublich anstrengend und haben gefühlte 3 Monate gedauert. Nur sitzen, atmen, den Atem und die Gedanken beobachten. Kein Yoga, keine Hot Springs, keine Readings, kein Channing, wie ich es von dem anderen Retreat gewohnt war.
Am 4. Tag kam eine neue Technik: Wir sollten den Körper von oben bis unten beobachten und die kleinsten und großen Gefühle wahrnehmen, ohne zu werten. Diese Technik soll auf einer tiefen Ebene arbeiten und lehren, nicht wie eine Auster auf alles zu reagieren, sondern mit Gleichmut zu antworten auf, was um dich geschieht. (Eine Auster zuckt stets zusammen, wenn sie mit einer Nadel gepickt wird.) Nach einem Tag solcher Praxis (6-10 Stunden Meditieren am Tag) habe ich angefangen, wieder Verbindung zu meinem Körper aufzubauen und zu spüren, was im Körper los ist. Die innere Nervosität, die ich in Hamburg jede Sekunde in mir spürte, hat sich schnell aufgelöst. Am Tag 6 war ich einfach nur „high on life“, glücklich im Hier und Jetzt und ich habe mich sogar auf die stundenlange Meditation gefreut.
Das waren meine wichtigsten Lektionen nach 10 Tagen
1. Hier und Jetzt
Im stressigen modernen Leben vergessen wir meistens hier und jetzt zu sein und leben in Vergangenheit und Zukunft. Wir werden ständig von Gedanken bombardiert wie: wer hat was gesagt oder getan, was esse ich morgen, welche Termine stehen diese Woche an, welche Rechnungen müssen noch beglichen werden usw.
Außerdem habe ich festgestellt, dass ich die ganzen Jahre mit Warten verbracht habe: Wenn ich endlich schlank bin, wenn ich endlich einen Freund habe, wenn ich woanders wohne, dann fängt das Leben an, dann werde ich endlich glücklich. Aber das Glück kam nie, da immer neue Wenns auftauchten. Es ist schrecklich festzustellen, dass man 10, 20, 30 Jahre nicht gelebt, sondern auf irgendetwas gewartet hat.
Wer sich in dieses Thema vertiefen möchte, dem möchte ich das Buch von Eckhart Tolle Die Kraft der Gegenwart empfehlen. Es trat schon vor einem Jahr in mein Leben, doch ich war erst jetzt dazu bereit, es zu lesen.
2. Auf den Körper hören
Dank Vipassana habe ich gelernt, auf meinen Körper richtig zu hören. Es wird heutzutage auf Schritt und Tritt gesagt: „Du sollst auf Deinen Körper hören.“ Aber wie macht man das? Kannst Du es wirklich? Ich muss ehrlich sagen, dass ich vorher so getan, aber es nicht wirklich geschafft habe. Erst bei diesem Retreat kam dieses Gefühl, dass ich langsam spüre, was in meinem Körper vorgeht. Und das ist nur ein winziger Anfang. Ich muss aber sagen, dass es ein unglaublich schönes Gefühl ist, mit meinem eigenen Körper in Verbindung zu sein. Durch Meditation und Präsentsein im Hier und Jetzt kannst Du diese Verbindung nach und nach aufbauen.
3. Regelmäßig meditieren
Wenn Du Deine Lebensqualität enorm verbessern möchtest, kommst Du um die Meditation nicht herum. Am Anfang ist es sehr harte Arbeit, doch danach, wenn es zur Gewohnheit geworden ist, wird sie Dir alltäglich sein. Wichtig ist, dass Du sie regelmäßig betreibst.
Fange mit der Meditation an, am besten mit Anapana, um zu lernen, den Gedankenfluss zu stoppen und hier und jetzt zu sein. Danach wirst Du bestimmt Deinen eigenen Weg finden. Die Einführung in die Anapana Meditation findest Du z.B. hier.
Die Vipassana-Methode fand ich persönlich am stärksten, da sie universell und natürlich ist. Du lernst einfach auf Deinen Körper und seine Empfindungen zu hören. Eine sehr gute Beschreibung der Vipassana-Meditation und eine Audio-Anleitung findest Du hier.
4. Dankbarkeit
Die Teilnehmer des Vipassana-Retreats leben so, wie die Mönche leben. Sie haben für die 10 Tage keine Verpflichtungen und leben von den Spenden anderer Menschen. Das betrifft auch das Essen. Es gab Tage, da ich gewohnheitsmäßig meckerte, dass es zu wenig Früchte gab. Doch ganz schnell wurde mir klar, dass ich einfach dankbar sein soll für das, was ist.
Ich stellte mal wieder fest, dass wir viel zu unbewusst und schnell essen. Quasi automatisch, im Schlaf. Wir leben im Überfluss und wissen nicht, wie es ist, knappes und bescheidenes Essen zu haben. Wir wollen auf Rohkost umsteigen und wissen nicht, was wir essen sollen. Dabei ist so viel da! Früchte, Gemüse, Buchweizensprossen, Salate, Wildpflanzen, Algen, Samen und vieles mehr!
Wenn Du achtsam und langsam isst, gut kaust und das Essen mit allen Sinnen wahrnimmst (Augen, Händen, Nase, Zunge) und dankbar bist, wirst Du von viel kleineren Mengen satt und zufrieden. So war ich manchmal von 4 kleinen achtsam gegessenen Bananen so satt und glücklich wie nie zuvor, den ganzen Tag!
Ich hatte mich schon in diesem Artikel mit dem achtsamen Essen beschäftigt, doch manchmal im Stress wieder vergessen. Und in dem Kloster wieder erfahren, wie toll achtsames Essen ist!
5. Essen
Eine einfache und doch so wichtige Frage, die nach dem Essen: Gab es für Rohköstler bzw. Veganer genug zu essen?
Ich habe mir gleich vorab vorgenommen: egal, wie die Ernährungssituation in diesem Kloster aussieht, ich werde es trotzdem irgendwie 10 Tage durchziehen. Denn in dem Fall sind mir Meditation und meine geistige und seelische Entwicklung viel wichtiger und ich will sie nicht wegen dem Essen verpassen.
Das Essen war auf jeden Fall vegetarisch und meistens vegan, da Buddhisten dem Grundsatz „nicht töten“ folgen. Für Kochveganer wäre das Ganze also gar kein Problem: Reis, Gemüse und Tofu gab es genug für alle beim Frühstücks- und Mittagsbuffet. Rohkostmäßig war es meistens auch super: morgens gab es immer Früchte, Mittags frische Salatblätter und Gemüse.
Die einzige Schwierigkeit war, dass es um 6:30 Uhr Frühstück und Mittag um 11:00 Uhr gab und danach nichts mehr. Intermittierendes Fasten für Fortgeschrittene also. Ich war die ganze Zeit sehr hungrig und aß sogar einmal etwas Gekochtes. Dabei habe ich ganz schnell festgestellt, dass es nicht in meinen Körper gehört. Ich fühlte mich total krank und konnte nicht mehr meditieren und habe schlecht geschlafen. Es hat sich wie eine Vergiftung angefühlt. Daraufhin habe ich eine Kochessenphobie entwickelt und es nicht mehr angerührt.
Was mir aufgefallen ist: lange Zeit vorm Schlafengehen nichts zu essen tut unglaublich gut. Der Schlaf war maximal erholsam, das Gesicht am nächsten Morgen glatt und schlank, die Augen groß und strahlend. Also intermittierendes Fasten hat sich nochmals bewiesen (mehr dazu in diesem Artikel: Ernährungsplan der Uhrahnen: intermittierendes Fasten. Abnehmen ohne Diät). Zudem hatte ich das Gefühl, dass ich dem Essen nicht so viel Zeit meines Lebens widmen und es entspannter angehen soll.
Fazit
Ich würde jedem empfehlen, mindestens einmal im Leben einen Vipassana-Kurs zu absolvieren. Es wird Dich wach machen und die Sicht auf das Leben für immer verändern. Es ist zwar nicht unbedingt einfach, doch es lohnt sich. Der Prozess der Selbsterkenntnis ist niemals einfach, doch nur durch eigene Anstrengungen kannst Du Erkenntnisse über Dich selbst gewinnen. Deshalb eignet sich diese Meditation für diejenigen, die bereit sind, ernsthaft zu arbeiten und die aufgestellten Regeln einzuhalten.
Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass ich es noch einmal getan habe. Jetzt habe ich ein unbezahlbares Geschenk in Form von dieser Technik zur Verfügung.
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